Ein neuer Zweck wird gefunden
Nach jahrelangen Debatten beschloss 1997 die Stadt Wien unter der Federführung des sozialdemokratischen Stadtrates Werner Faymann die Gasometer unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes wieder zu beleben und schrieb einen Bauträgerwettbewerb aus, mit dem Ziel "Wohnen, Arbeiten und Freizeit unter einem Dach". Ein wesentlicher Bestandteil dafür war die Anbindung an das öffentliche U-Bahnnetz, sowie die Abfahrt St. Marx von der Autobahn A23. Auch der Einbau des Landesarchivs im östlichsten der vier Industriedenkmale orientierte sich an der hier angedeuteten, gemischten Nutzung. Die Ausschreibung konnten die Architekten Jean Nouvel, Wilhelm Holzbauer, Coop Himmelblau und Manfred Wehdorn für je einen Gasometer für sich entscheiden. Rüdiger Lainer wurde die Gestaltung des Entertainmentcenters übertragen.
Das Gesamtkonzept geht bei den Gasometern A, C und D von einer weitgehenden Erhaltung des äußerlichen Erscheinungsbildes aus. Lediglich beim Gasometer B wird der äußere Umriss der Baulichkeit durch einen zur Guglgasse gerichteten Anbau visuell durchbrochen und damit in seinem Äußeren verfremdet. Mit dieser bewusst verfolgten Projektidee sollte erreicht werden, dass die bestehenden Ziegelbauten nach ihrer nahezu ausschließlich im Inneren erkennbaren Umgestaltung und Umnutzung einen starken Akzent erhalten, der auch im äußeren Erscheinungsbild durch die Formsprache unserer Zeit eben diese Funktion klar erkennen lässt. Eine durchgehende Shopping-Promenade verbindet die vier Bauwerke. Darüber beginnt die Wohnbebauung. Für die Freizeit wird eine Veranstaltungshalle, ein Multiplex-Kino, ein Studentenwohnheim und ein Kindergarten untergebracht. Über einen Steg ist man in wenigen Minuten im Wiener Prater.
Ausgehend von der historischen Außenfassade arbeitet der Architekt Jean Nouvel auf eine leichte Bauweise hin, die im Kontrast zum bestehenden, imposanten Bauwerk steht. In den unteren Geschossen bildet ein „schweres“ Stahlbetongerüst den Sockel für die in Stahlbau konstruierten „leichten“ Obergeschosse. Innerhalb des Gasbehälters sind 9 gleichartige, segmentförmige Baukörper, die als Wohntürme mit 14 Hauptgeschossen ausgebildet sind, gegliedert. Die ersten drei Geschosse mit einer Nutzfläche von 5.300 m² werden gewerblich genutzt. Die weiteren 9 Geschosse umfassen 128 Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von rund 14.000 m². In zwei Tiefgeschossen sind 183 PWK-Abstellplätze und Lagerflächen für die Geschäfte untergebracht. Diese radial ausgerichtete Anordnung der Baukörper und der zwischen den einzelnen Wohntürmen freigehaltene Luftraum ermöglichen von jeder Wohnung aus einen Ausblick durch die Öffnungen des historischen Umfassungsmauerwerks ins Freie. Durch die Reflexionen und Spiegelungen des jeweils gegenüberliegenden Baukörpers werden die Wohnungen mit viel Tageslicht versorgt. Die innen zugewandten Glasfronten der Wohnungen öffnen den Blick auf die Glaskuppel über dem Gasometer und durch die Zwischenräume der Türme hindurch auf die großen Fenster des alten Mauerwerks.
Dieser Turm unterscheidet sich von den drei anderen vor allem dadurch, dass er sich nicht auf die Erhaltung des äußeren Erscheinungsbildes
beschränkt. Der Neubau im Gasbehälter ist ringförmig angelegt. An der
nördlichen zur Guglgasse gerichteten Außenfront des Gasbehälters
befindet sich ein vorgesetzter Anbau - der "Schild". Dieser Kontrapunkt von Architekt
Prix vom Team Coop Himmelblau soll die Verbindung der historischen Gasometer zur Moderne symbolisieren. Die 256 Wohnungen haben eine
Nutzfläche von 24.000 m². Die Wohnungen sind zum Großteil als Maisonette-Wohnungen zwischen 60 m² und 90 m² geplant. Weiters ist im Kernbau
ein Studentenheim mit 247 Heimplätzen und 73 Appartements untergebracht. Während die Belichtung der Wohnungen im Kernbau durch die oben
offene Kuppel und die Fenster in der historischen Außenfassade gewährleistet
wird, erfolgt diese im Schild durch die Glasfront Richtung Prater. Im
Zubau liegen die untersten Wohnungen 17 Meter über Straßenniveau, was dem 5. Geschoss eines üblichen Wohnhauses entspricht. Im Gasometer
beginnen die Wohnungen 25 Meter über Straßenniveau. Die unter dem Anbau liegende Tiefgarage bietet Platz für 256 PKW.
Als Besonderheit ist in den Untergeschossen an Stelle einer Tiefgarage eine Veranstaltungshalle zur Abhaltung von Konzerten, Kongressen,
Messen u. a. eingebettet. Ein wesentlicher Gesichtspunkt beim Entwurf ist die Freiform-Konstruktion. Diese schalltechnische Entkoppelung vom
Rest des Gebäudes ermöglicht eine reibungslose Koexistenz zu den Wohnungen und Büros. Auf rund 7.558 m² bietet die Halle 2.000 Sitz-
oder 4.200 Stehplätze, wobei in der Galerie 600 Personen Platz finden. Bühne, Tribüne und Stühle sind mobil und können nach Bedarf
aufgebaut werden. Die höhenverstellbare Bühne für sich hat eine Maximalgröße von 12 m Tiefe und 16 m Breite. In den beiden Foyerebenen
befinden sich Gastronomieeinheiten, die Besuchergarderoben und Sanitäranlagen. Der Backstagebereich enthält neben der Betriebsleitung,
der Polizei und der Sanität auch Künstlergarderoben, eine Dining Area und den Hauptanlieferungsbereich. Durch diesen ist es möglich, mit
LKWs direkt in die Halle einzufahren, um etwaiges eigenes Equipment einzubringen. Alles in allem eine Top Location für verschiedenste
Events.
Das Konzept von Architekt Univ. Prof. Manfred Wehdorn zeichnet sich vor allem durch den ungehinderten Blick auf die historische und weithin sichtbare Kuppelkonstruktion für die Bewohner aus. Darüber hinaus wird die Ökologie durch Baumpflanzungen des „Arboretums“ und die direkte Begrünung des Innenraumes entlang des Laubenganges betont. Die Neubebauung ist im Sockelbereich als azentrischer Ring mit zum „Arboretum“ gerichteten Durchblicken und darüber einem sich nach oben verjüngenden kreisförmigen, in sechs Segmenten gegliederter Baukörper konzipiert. Zwischen diesen Segmenten sind die Stiegenhäuser und weitere Grünflächen untergebracht. Die Wohnungen sind an die historischen Hülle angebaut. Wohnungen der "Torteneck-Form" blicken sowohl durch die historischen Öffnungen auf das Umfeld der Gasometer als auch nach Innen. Kleinere Wohnungstypen besitzen entweder nur innen- oder außen liegende Fenster. Aber selbst bei diesen Wohnungen ist die Distanz zur gegenüberliegenden Seite im Gasometer größer als auf der engsten Stelle der Mariahilfer Straße. Eine schöne Eigenheit die den Gasometer Nr. 3 auszeichnet ist sein Portal. Er ist der Einzige an dem der Historische Eingang erhalten blieb. Nun gelangen die Eigentümer über das Portal in eine Halle, welche sich aus dem Freiraum zwischen den meterdicken Grundmauern der Gasometer C und D ergibt von wo aus es zu den Wohnungen führt.
Die Architektur von Wilhelm Holzbauer für diesen Gasometer betont die historische Hülle sowohl in der Außenseite als auch in der Innenseite. So wurde von einem zentralen Baukern ausgegangen. Die Wohnungen sind auf drei Höfe ausgerichtet, deren eine Seite die unberührt gelassene Innenseite des alten Gasometers bildet. Diese Wände können bewachsen sein. Die bestehenden Stahlgerippe und Stege fungieren als Rankgerüste. Die Bäume in den Höfen stehen in Erdkoffern, die im ersten Geschoss unter dem Hof angeordnet sind. Durch die nur durch Stahlelemente angedeutete Dachfläche und die großen Öffnungen der Außenwand kommt Licht in die Höfe, deren durchbrochene Außenwand diese eher zur großen "Loggia" werden lässt. Die Wohnungen selbst sind großteils mit Balkonen und Loggien ausgestattet. Weiters ist anzuführen, dass der Gasometer D in seinen Untergeschossen das Wiener Stadt- und Landesarchiv beherbergt. Dort finden sich vielseitige Historische Materialien unter anderem auch einige Nachlässe berühmter Komponisten wie Ludwig van Beethoven.
Die Mall - "Shopping and Entertainment"
Die Gasometer Mall, die sich über alle 4 Gasometer erstreckt und über den "Sidewalk" mit dem Entertainment Center verbunden ist, bieten dem Betrachter immer wieder neue Aus- und Einblicke. Da die Mall in den unteren Etagen der Türme ist und somit unter den Innenhöfen der Gasometer liegt trennt nur eine riesige Glaskuppel in jedem Gasometer die Mall zu den Büros und Bewohnern der einzelnen Türme. So können auch Besucher der Mall einen kleinen Blick in das "Leben" der Gasometer werfen und sowohl die Architektur als auch deren Bewohner studieren.
Entlang dieser Shopping Meile ergibt sich für den Besucher immer wieder die Möglichkeit sich zu stärken. Vom klassischen Wiener Kaffe über ausgefallene Cocktails bis hin zu Asiatischer Kost sorgen viele einzelne Gastronomie Betriebe für das Wohl des Besuchers.